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Japow 2019 Teil 12 - Mit dem Kei-Car nach Biei

Gut ausgeruht (ehrlich jetzt, so gut und lange habe ich seit Tagen nicht mehr geschlafen), begann mein Tag mit dem Umräumen meines Gepäcks. Der Lawinenrucksack wurde wieder mit LVS-Ausrüstung und anderen Kleinwaffen ausgestattet und das Boardbag von weiteren Kleidungsstücken befreit um die Tasche möglichst nicht immer ins Hotel schleppen zu müssen.

Bis über beide Ohren bepackt verließ ich gegen 11:00 morgens das Hotel und machte mich auf den Weg zum Bahnhof, wo mein Leihwagen zur Abholung bereitstehen sollte.

 

Aus irgendeinem Grund bildete ich mir ein, bereits um 11:00 das Auto abholen zu können. Das Gepäck vorm Eingang abgestellt, betrat ich mit der Reservierungsbestätigung in Händen das Büro. Ein kurzer Blick auf den Zettel hätte mir einen Moment der Ratlosigkeit erspart. Der Mann am Schalter holte seine Kollegen zu Hilfe und ein tuscheln, als wäre ich am Flughafen in Tokio, begann erneut. Es stellte sich heraus, dass ich mein Auto erst für 16:00 gebucht habe und dieses daher natürlich noch nicht parat war. Eine direkte Antwort bekommt man in Japan im Regelfall selten, so wurde in großem Bogen herumgeredet und mir sogar ein Fahrzeug einer höheren Klasse als Sofortalternative angeboten, anstatt mir zu sagen, dass ich Idiot einfach zu früh dran war und der Fehler sowieso bei mir lag. Ich bot an gerne zu warten, da ich unbedingt ein Kei-Car anstelle eines bekannten und üblichen Kleinwagens wollte.
Man bat mich gegen 14:00 wiederzukommen, das Gepäck könne ich hier lassen. Da die eigens dafür vorgesehenen Spinde natürlich viel zu klein waren, konnte ich meine Taschen einfach seitlich vor dem Eingang deponieren. Hier ruhigen Gewissens weggehen konnte ich vermutlich nur in Japan.  


Erstmal frühstücken

Es war kurz nach halb zwölf, Zeit sich die Beine zu vertreten und etwas Essbares, möglichst mit Tee oder Kaffee zu suchen.
Unweit des Bahnhofes befanden sich unter höhengelegten Gleisen einige Ladenlokale, unter anderem ein kleines Cafe. Den verlockenden Bildern süßer Waffeln konnte ich nicht widerstehen.

Kurzfristig entschied ich mich für einen Matcha Latte und die gesichteten Waffeln, dem italienischen Imageversuch des Cafes entsprechend. Aus den Lautsprechern ertönte Smooth Jazz, und bis auf leises Tippeln einiger Laptops herrschte völlige Ruhe. Diese ungewohnte Idylle wurde bloß vom Donnern überliegender Züge unterbrochen, welche Wände, Tische und Deko spürbar wackeln ließen, nicht nur Hotelzimmerwände machten einen filigranen Eindruck. 


Ein Spaziergang durch Sapporo

Ein Blick auf Google Maps verriet, dass sich im Südwesten der Stadt eine größere Parkanlage befinden soll. Rund 40 Minuten zu Fuß entfernt, machte ich mich auf den Weg. Der Park ist riesig, so konnte ich leider nur einen kleineren Teil erkunden.

Im Eingangsbereich fand sich ein Schneehügel und einige Gummireifen, die zwischen 10:00-16:00 ausgeborgt werden konnten. Diese Information kann man einem Schild entnehmen, aufpassen, dass keiner Mist baut, muss hier keiner. Wie lange es in Österreich dauern würde, bis die Reifen kaputt oder verschwunden wären?!

Etwas tiefer im Park fand sich eine größere Tempelanlage und weitere kleine Gebetsstellen, sowie Brauchtümer.
Die Zeit verflog und so machte ich mich wieder auf den Weg zurück. Ich lasse vorerst weiter unten ein paar Bilder sprechen und hoffe am Tag vor der Heimreise in Sapporo nochmal zurückkehren zu können. 


600ccm geballte Allradpower

Bei der Abholstation angekommen konnte ich mein Gepäck, wie abgestellt und vollständig wieder entgegennehmen. Einige Unterschriften und einer umfangreichen Aufklärung über japanische Verkehrsregeln später, übernahm ich meinen fahrbaren Untersatz für die kommenden Tage. 
Wie bereits angesprochen handelt es sich um ein Kei-Car, eine eigene Fahrzeugklasse, die in Größe und Hubraum eingeschränkt und dadurch versicherungstechnisch begünstigt ist. Dies führt zum typisch schuhkartonförmigen Aussehen. Die Ausstattung ist bemerkenswert: elektrische Schiebetüren, Rückfahrkamera, Allradantrieb, Navi, Sitzheizung, Tempomat und Spurhalteassistent, um nur einige zu nennen, gehörn hier zur Standardausstattung. Der Mitarbeiter zeigte mir noch kurz einige Details und stellte das Navi auf english um,  was leider nur bedeutet, dass einige wenige Bezeichnungen nun lesbar sind, zu einer erleichterten Bedienung führte dies leider nicht. Ich versuchte mir die Tastenfunktionen einzuprägen, während der Mitarbeiter die Adresse des Hotels eintippte für mich eintippte, was wiederum über die eingäbe der Telefonnummer des Zieles funktioniert...  ich bin erstaunt, keine weiteren Fragen, ich wagte mich in den Verkehr.

 

Ersten Erfahrungen nach ist fahren in Japan einfach zusammenzufassen: unkompliziert, langsam und teuer. 

Verkehrsteilnehmer fahren grundsätzlich sehr defensiv und rücksichtsvoll, wiederum völlig ungewohnt. Ans Fahren und Sitzen auf der "falschen" Seite gewöhnte ich mich erstaunlich schnell, bloß die vertauschte Position von Blinker- und Scheibenwischerhebel bereiteten mir noch längere Zeit leichte Schwierigkeiten. 
Die Autobahnen sind Mautpflichtigen und lassen zum europäischen Vergleich tief in die Tasche greifen. Auf dem Weg nach Biei konnte ich rund 100km Autobahn nutzen, das für rund 2200 Yen (ca €18.-). Vor der Autobahnauffahrt zieht man ein Ticket, welches bei der Abfahrt wieder abgegeben und von einem Mitarbeiter an der Schranke verrechnet wird. Als alternative gäbe es noch ein elektronisches (ETC) System, auf dem alle Fahrten gebucht und später abgerechnet werden. Da es bei Nippon nur ein Pauschalangebot für ETC gab, ist die Einzelverrechnung für mich die günstigere Variante.

Auf der Autobahn ist man mit maximal 100km/h unterwegs, und wird immer wieder auf 80km/h gedrosselt. Dank Tempomat und Spurhalteassistent hat man eine sehr entspannte Zeit. Kein wunder, dass viele vorbeifahrende Japaner während der Fahrt vom eingebauten Fernseher gebrauch machten. Fernab, auf Freilandstraßen und innerorts ist man mit 40-50km/h unterwegs, wobei offensichtlich eine inoffizielle Toleranz von +15km/h gilt. Im Vergleich ist man so deutlich langsamer als gewohnt unterwegs und eine Strecke von 150km kann auch zweieinhalb bis drei Stunden dauern.


Hostel auf Japanisch

Kurz vor 19:00 fand ich mich am Parkplatz des Hostels wieder, das Auto und ich überstanden die erste Ausfahrt unbeschadet. An der Eingangstüre wurde ich empfangen und gebeten meine Schuhe auszuziehen, denn im gesamten Haus herrscht Hausschuhpflicht.
Freundlichst zeigte mir die Dame den Aufenthaltsbereich, Kochmöglichkeiten, Duschen und Toiletten, wiederum mit vielen Handbewegungen und wenigen Worten. Sauberkeit und Ausstattung sind verblüffend, an ein Hostel hatte ich eigentlich keinerlei Erwartungen, so ist selbst die Gemeinschaftstoilette mit beheiztem Klodeckel und Minicomputer ausgestattet. 
An der andren Straßenseite findet sind ein kleiner Supermarkt, somit konnte ich mich vorab für den morgigen ersten Tag auf dem Brett bereits mit Snacks eindecken. 
Morgen gehts dann nach Kamui und ich bin gespannt, was mich erwartet!


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